Trockenheit und hohe Temperaturen; der Klimawandel verlangt unseren Wäldern einiges ab. Doch es gibt Hoffnung: noch ist es möglich, sie an die neuen Bedingungen anzupassen, indem wir die Naturverjüngung widerstandsfähiger Baumarten fördern und wärmeliebende, trockenheitsresistente Setzlinge ...
Starke Wurzeln für die Zukunft
Noch können wir unseren Wald an den Klimawandel anpassen
Trockenheit und hohe Temperaturen; der Klimawandel verlangt unseren Wäldern einiges ab. Doch es gibt Hoffnung: noch ist es möglich, sie an die neuen Bedingungen anzupassen, indem wir die Naturverjüngung widerstandsfähiger Baumarten fördern und wärmeliebende, trockenheitsresistente Setzlinge pflanzen, sie mischen – und vor Wildverbiss schützen.
Seit etwa 3.000 Jahren ist die Buche die bei uns natürlich vorkommende, atlantisch geprägte, dominante Schattenbaumart. Ihre Verjüngung kann sich auch im Schatten anderer Bäume durchsetzen und diese im Laufe der Zeit verdrängen. Die zuvor dominante Eiche wich der Buche aus. Sie blieb als Traubeneiche auf den trockneren und wärmeren Standorten und als Stieleiche auf den feuchten und schweren Böden erhalten.
Eine junge Traubeneiche, gepflanzt vom Eichelhäher in ein Borkenkäferloch einer Fichtenmonokultur, gut geschützt durch ein Wildgatter aus Holz.
Da die Eiche als Bauholz unabdingbar war, finden wir heute noch in den meisten Buchenwäldern die Traubeneiche, die gezielt gehegt und gepflegt wurde, um gegen die Buche bestehen zu können. Dort wo die Buche heute die größten Schwierigkeiten hat – an den warmen Hängen und auf trockenen Lehmböden – kann sie nun ihre Vorteile ausspielen.
An den etwas kühleren Standorten wird die Buche wohl noch eine nächste Generation aufbauen können. Aber auf der anderen Hälfte der Fläche der heutigen Buchenwälder des Gutlandes, müssen wir gezielt die Traubeneiche und andere lichtliebende Baumarten fördern.
Wald in Not im Norden
Im Oesling haben wir eine wesentlich schwierigere Ausgangsbasis. Hier wurden die Buchenwälder durch den Eichenniederwald verdrängt. Nach der Aufgabe der Lederindustrie wurde den privaten Waldbesitzern geraten, ihre Lohhecken in Fichtenwälder umzuwandeln.
Dies hat dazu geführt, dass heute noch 30 % aus Lohhecken – auf mittlerweile überalterten Stöcken der weniger trockenresistenten Stieleiche – und etwa 45 % aus Nadelwald bestehen. Und zwar zum größten Teil aus Fichtenmonokulturen. Im Gutland sind dies glücklicherweise nur 12 % des Waldes. Wie wir wissen ist die Fichte eine Baumart der kühlen und feuchten Standorte, die der neuen Klimasituation definitiv nicht gewachsen ist.
Schnelle Aufforstung - von Kahlflächen per Artenvielfalt
Das brutale, großflächige Aufreißen der schattenspendenden Kronen auf diesen durch die Fichte veränderten Böden führt dazu, dass sich eine Reihe von lichtliebenden Pflanzen rasant ausbreiten kann. Sie erschweren die Ausbreitung einer neuen Generation an Bäumen. Es gilt hier über mehrere Jahre hinweg regelmäßig die Sämlinge und die Naturverjüngung freizuschneiden.
Wir sollten die angesamte Birke oder Eberesche als Pioniergehölz ihre Rolle als Waldvorbereiter und Bodenverbesserer ausspielen lassen. Die Traubeneiche wird die wichtige Rolle des Rückgrats des Waldes spielen. Die Linde kann die Stämme der Eiche beschatten und den Boden auflockern. Weitere licht- und wärmeliebende Baumarten können sich mit ihnen vergesellschaften, wie die Wildkirsche, die Wildbirne, der Speierling und die Elsbeere, alles Wertholzlieferanten. Und natürlich die Ahornfamilie mit dem Spitzahorn und Feldahorn für die wärmeren Standorte und dem Bergahorn für die etwas kühleren Standorte. An diesen Plätzen kann dann auch die Buche wieder Teil des Mischungskonzeptes werden und sicherlich auch noch einige Nadelhölzer wie Douglasie, Lärche, oder Waldkiefer.
Die Biodiversität ist das Instrument der Natur, um Resilienz gegen Katastrophen aufzubauen. Neben einer Vielfalt an Baumarten sollten wir verstärkt auf eine weitere Komponente der Biodiversität setzen: nämlich die genetische Vielfalt innerhalb der Arten.
Die effizienteste Methode hierfür ist die Förderung der Naturverjüngung. Zusätzlich zur Vielfalt an Individuen nutzt man dabei die genetisch verankerte Anpassung des Samenbaumes an seinen Standort.
Beispiel für einen ungeschützten 20 Jahre alten Kahlschlag im Oesling. Durch den Wildverbiss kann nicht genügend Naturverjüngung aufkommen und es kann sich in absehbarer Zeit kein Wald entwickeln.
Helfer mit Flügeln: Die Rolle der Vögel in den Kahlschlägen
Alte Traubeneichen sollten als Samenbaum erhalten werden, um unseren verfügbaren Genpool nicht zu reduzieren. Eichelhäher können uns helfen deren Eicheln zu verbreiten. Der Vogel selektiert, sammelt und vergräbt sie am liebsten an Waldrändern oder auf Lichtungen. Dafür kann er bis zu 8 Kilometer entfernte fruchtende Eichen aufsuchen. Nach einem normalen Winter können bis zu 1.000 Eicheln, Hähersaat genannt, perfekt gepflanzt in den Kahlschlägen verbleiben.
Ein weiterer Vogel, die Amsel, kann uns bei der Verbreitung der Wildkirsche helfen, indem sie deren Kerne per Kot beim Flug in der Umgebung hinterlässt. Die schnellwachsende, aber kurzlebige Wildkirsche kann im Zusammenspiel mit der langsam wachsenden, aber langlebigen Traubeneiche eine zusätzliche strukturelle Diversität im Wald schaffen.
Leider finden wir aber heute nur sehr vereinzelt Hähereichen und Wildkirschen auf unseren Kahlflächen, trotz der massiven Ansamung durch unsere Helfer. Reh und Hirsch verhindern ihr Aufkommen.
Junge Bäume schützen, Wildschäden vermeiden
All die wärmeliebenden und trockenresistenten Baumarten haben einen gemeinsamen Schwachpunkt: Rehe stürzen sich im Spätwinter und Frühjahr förmlich auf ihre Terminalknospen. Buchen- und Fichtenknospen schmecken ihnen nämlich nicht so sehr.
Das wesentlich größere Rotwild bricht bei den größeren Pflanzen ganze Triebe ab, verschmäht junge Buchen nicht und schält im höheren Alter die Stämme.
Bei den jetzigen Reh- und Rotwildpopulationen ist ein klimaresilienter Umbau unserer Wälder per Aufforstung oder Naturverjüngung ohne Wildschutz in Luxemburg nicht möglich. Wir raten zum Aufbau von Holzgattern, die zwar teuer sind, aber mit der Zeit im Wald verrotten. Zudem sollte nicht die gesamte Fläche vergattert werden. Auf einem Teil der Fläche kann ein Einzelschutz erfolgen.
Vor und hinter dem Wildgatter: Die Auswirkungen des Verbisses sind deutlich sichtbar.
Masterplan für die Rettung unseres Waldes
Wir brauchen einen Masterplan, um sicherzustellen, dass die notwendigen finanziellen Mittel für diesen Umbau in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen. Laut Berechnung des Lëtzebuerger Privatbësch werden rund 250 Millionen Euro für Pflanzungen und 500 Millionen Euro für Wildschutz über die nächsten zehn Jahre gebraucht.
Wir müssen zudem zusätzliche Arbeitsplätze schaffen und in eine angepasste Ausbildung investieren.
Wir benötigen wieder Baumschulen im Land, die lokales oder angepasstes Saatgut verwenden.
Neben der lokalen Hordengatterherstellung brauchen wir noch eine lokale Fertigung eines biologisch abbaubaren Einzelschutzes.
Zudem benötigen wir eine Perspektive für einen funktionierenden biologisch abbaubaren Schälschutz.
Vor allem aber müssen die Beratungskapazitäten für die vielen kleinen, privaten Waldbesitzer aufgestockt werden.
Patrick Losch
Präsident, natur&ëmwelt Fondation Hëllef fir d’Natur